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Hyposensibilisierung: Neue Leitlinie

Neue Leitlinie Hyposensibilisierung

 /  Tina Christiansen

Im September ist die neue Leitlinie zur Hyposensibilisierung erschienen. Das ist eine wichtige Therapiemethode, um Patient:innen mit Heuschnupfen (Allergische Rhinokonjunktivitis) oder auch gut bzw. teilweise kontrolliertem Allergischen Asthma langfristig zu behandeln. 
Wir stellen einige wichtige Punkte aus der Leitlinie vor.

Ist eine frühzeitige Therapie möglich?

Allergische Beschwerden sollen gut gelindert und der Medikamentenverbrauch gesenkt werden. Bei Patient:innen mit Heuschnupfen hofft man zudem, durch den frühzeitigen Einsatz der Hyposensibilisierung das Risiko für die Entstehung eines Allergischen Asthma bronchiale zu verringern. 
Unter bestimmten Voraussetzungen kann die Allergenimmuntherapie (AIT) auch bei leichteren Symptomen der Patient:innen mit dem Behandlungsziel einer guten Linderung der Erkrankung zum Einsatz kommen.
Eine Hyposensibilisierung kann in der Regel ab Schulalter durchgeführt werden. Eine Durchführung vor dem vollendeten 5. Lebensjahr ist in einzelnen Fällen möglich, entspricht aber einem Off-label-use (Ausnahme: Erdnuss Orale Toleranzinduktion, bei welcher die Zulassung auch bei Kindern unter 5 Jahren gegeben ist).

Wie wird die Wirksamkeit der Therapiepräparate überprüft?

Therapiepräparate mit häufigen Allergenquellen (Pollen von Süßgräsern außer Mais, Birke, Erle, Hasel, Hausstaubmilben, Bienen und Wespengift) müssen in Zulassungsverfahren auf Qualität, Wirksamkeit und Sicherheit geprüft werden. Für seltenere Allergieauslöser (z. B. Beifuß, Esche, Alternaria, Tierallergene, Vorratsmilben) können Individualrezepturen erhältlich sein, die nicht der Therapieallergenverordnung unterliegen. 
Systematische Übersichtsarbeiten und Metaanalysen belegen die Wirksamkeit von subkutanen (Spritze, SCIT) und sublingualen Immuntherapien (Tabletten, Tropfen, SLIT) für bestimmte Indikationen, Allergene und Altersgruppen. 
Die Daten der berücksichtigten kontrollierten Studien unterscheiden sich erheblich hinsichtlich ihres Umfangs, ihrer Qualität, der Präparate sowie der Dosierungsschemata und erfordern eine produktspezifische Bewertung. Eine verallgemeinernde Übertragung der Wirksamkeit von Einzelpräparaten auf alle Präparate einer Applikationsform (z. B. Spritze, Tablette, Tropfen) ist nicht möglich. 

Was ist noch wichtig für den Therapieerfolg? 

Ein gutes Arzt-Patienten-Verhältnis mit offener Kommunikation, gründlicher Prüfung und Diskussion wichtiger Punkte mit den Patienten/Patientinnen bzw. der Familie, bei der ärztlichen Indikationsstellung der Hyposensibilisierung und bei der Auswahl des Therapiepräparates, vergrößert die Chancen auf eine langfristige und gute Therapietreue über 3 (-5) Jahre. Dazu gehören:

  • Erfolgsaussicht und Sicherheit
  • Verfügbarkeit eines Therapieallergens mit dokumentierter Wirksamkeit
  • Kosten, Notwendigkeit von Therapietreue (Therapieadhärenz)
  • Individuelle Besonderheiten (z. B. Spritzenangst, Zeitfaktor, sportliche Aktivität)
  • Informationen zum praktischen Ablauf (z. B. Arzttermine, Wartezeiten, Rezeptanforderungen)
  • Erreichbarkeit und Qualifikation der Praxis
     

Wer kann die Hyposensibilisierung durchführen?

Die Hyposensibilisierung soll in Deutschland von Ärztinnen und Ärzten durchgeführt werden, welche entweder über die Zusatzweiterbildung Allergologie oder über ausreichende Erfahrungen mit dieser Therapie verfügen und zur Notfallbehandlung unerwünschter Arzneimittelwirkungen (Anaphylaktischer Schock, schwerer Asthma-Anfall, u. a.) in der Lage sind.
Eine vorherige Aufklärung und Dokumentation soll vor der Einleitung einer Hyposensibilisierung durchgeführt werden. 

Wann ist eine komponentenbasierte Allergie-Diagnostik gefragt?

Eine sogenannte komponentenbasierte IgE-Diagnostik kann besonders im Fall einer Polysensibilisierung (es liegen viele Sensibilisierungen vor) bei der Einschätzung der Erfolgsaussichten einer Hyposensibilisierung hilfreich sein. Dadurch können spezifische Allergenkomponenten als Allergieauslöser identifiziert und von weiteren Allergenkomponenten, die wegen ähnlicher allergener Strukturen zu Kreuzreaktionen führen können, unterschieden werden. 

Was ist bei den beiden Therapieformen zu beachten? 

SCIT (Spritze): Die Fach—und Gebrauchsinformationen der Therapiepräparate sind zu beachten. Kurz vor und für den Rest des Tages nach der Injektion sollen sogenannte Augmentationsfaktoren (Verstärkungsfaktoren) für allergische Reaktionen (z. B. körperliche Belastung, Saunabesuch, Alkoholgenuss) gemieden werden. 
Zwischen einer SCIT-Injektion und einer planbaren Impfung sollte der Abstand mindestens eine Woche betragen. Es ist daher empfehlenswert, Impfungen in der Erhaltungsphase der SCIT durchzuführen. 
In dieser Phase wird die Erhaltungsdosis etwa alle 4–6 Wochen verabreicht. Sofort notwendige Impfungen (z. B., Tetanus nach Verletzungen) können jederzeit erfolgen. Die Fortsetzung der SCIT erfolgt dann gemäß der Fach- und Gebrauchsinformation für das jeweilige Präparat. 

SLIT (Tablette/Tropfen): 
Die SLIT-Therapie sollte entsprechend der jeweiligen Fach- und Gebrauchsinformation des Herstellers durchgeführt werden. Sofern die Hyposensibilisierung nach der Indikationsstellung von einer/einem anderen Arzt/Ärztin durch- oder weitergeführt wird, ist eine enge Zusammenarbeit erforderlich, um eine konsequente Umsetzung und risikoarme Durchführung der Therapie sicherzustellen. Da die SLIT zu Hause und ohne unmittelbare ärztliche Aufsicht durchgeführt wird, soll auf eine sorgfältige und umfassende Aufklärung über die korrekte Durchführung, mögliche Nebenwirkungen, deren Management und Risikofaktoren geachtet werden. 

Wie häufig sind Nebenwirkungen bei der Therapie?

Die meisten unerwünschten Reaktionen sind leicht bis mittelschwer und lassen sich gut behandeln. Das Auftreten schwerer, potenziell lebensbedrohlicher systemischer Reaktionen bei der SCIT ist möglich, jedoch bei Einhaltung aller Sicherheitsmaßnahmen sehr selten.  Dosisabhängige und unerwünscht lokale Symptome im Mund- und Rachenraum treten häufig zu Beginn einer sublingualen Therapie auf (Tablette, Tropfen). Patient:innen müssen im Vorfeld darüber informiert und eventuell mit antiallergischen Medikamenten zusätzlich behandelt werden. 

Können alle allergieauslösenden Allergene in einem Therapiepräparat verabreicht werden?

Saisonale (z. B. Pollen) und ganzjährige Allergene (z. B. Hausstaubmilben) sollen grundsätzlich nicht in einem Extrakt gemischt werden. Auch Kombinationen aus Milben – und Tierallergenen, Milben und Schimmelpilzallergenen, Pollen – und Schimmelpilzallergenen sollen aufgrund enzymatischer Abbauvorgänge niemals gemischt werden.

Kontraindikationen ärztlich abklären

Es sollte immer eine Nutzen-Risiko-Abwägung erfolgen und die jeweiligen präparatespezifischen Fach- und Gebrauchsinformationen berücksichtigt werden. In begründeten Einzelfällen kann auch bei Vorliegen von Kontraindikationen unter Abwägung des patienten-individuellen Nutzens und Risikos (z. B. bei lebensbedrohlicher Insektengiftallergie) eine Hyposensibilisierung möglich sein.

Quelle: nach Informationen aus der aktuellen S2k-Leitlinie zur Allergenspezifischen Immuntherapie (AIT)von 2022, Pfaar O, et al. Guideline on allergen immunotherapy in IgE-mediated allergic diseases. Allergol Select.2022; 6: 167-232. 
DOI 10.5414/ALX02331E

In unserer Allergiewelt finden Sie weitere Informationen zur Hyposensibilisierung:  https://www.daab.de/allergien/wichtig-zu-wissen/behandlung/hyposensibilisierung/ 

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